Azul Noce

Die Skulptur Azul Noce von Marion Schutz ist nach einer Granitart benannt.

In einem mit Wasser gefüllten Glas-Aquarium befinden sich kleine Marmor- und Granitblöcke unterschiedlicher Größe und Farben. Zusammen bilden sie einen architektonischen Horizont, die Silhouette einer Stadt oder eines Stadtviertels. Die Künstlerin bezieht sich auf die Konstruktionsprinzipien des berühmten Architekten Ludwig Mies van der Rohe, der für seinen sehr schlichten minimalistischen Ansatz und die von ihm errichteten Wolkenkratzer bekannt ist.

Marion Schutz erforscht in ihren verschiedenen Werken Mythen und Erzählungen, die den Zustand des Menschen und das Verschwinden hinterfragen.

Azul Noce ist ein Traum: Das Werk zeigt eine Landschaft, die sich immer wieder neu zusammensetzt. Die Skulptur ist das Ergebnis einer Vision von Architektur, die sowohl ein formaler Ausdruck als auch das Grabmal der Menschheit ist: Die Stadt ist versunken, untergegangen. In Umsetzung der ihr zugrundeliegenden postapokalyptischen Erzählung beschwört sie eine Zivilisation herauf, die dazu verurteilt ist, in einer auf elementare geologische Massen reduzierten Architektur zu überleben. Die Betrachter:innen machen die perzeptive Erfahrung der Beugung. Das Interesse der Künstlerin an der Stadt zeigt sich auch in einem anderen ihrer Werke, NECROPOLIS, einer miniaturisierten Stadt aus 45 Beton- und Styroporelementen.

Mit Azul Noce liefert die Künstlerin eine Science-Fiction-ähnliche Geschichte, die eine gewisse Beklemmung ausstrahlt. Ein Planet aus Onyx überragt die Gesamtheit der Granitblöcke, ein Stein der Verwurzelung mit der Erde, der die Tugend haben soll, eine gewisse Stabilität zu verankern.

Marion Schutz

Nach ihrem literarischen Abitur im Jahr 2010 verließ Marion Schutz die Provence und besuchte die Haute Ecole des Arts du Rhin in Mulhouse, angezogen von der alternativen und experimentellen Dimension des Ortes. Diese Schule, die früher Le Quai hieß, gilt als eigenwillig ausgerichtet. Sie ist in einer postindustriellen Energie verankert, die Marion Schutz inspiriert und es ihr ermöglicht, jedes der von ihr erdachten Projekte zu verwirklichen. Von der Einführung in die Vielfalt der künstlerischen Praktiken bis hin zur Realisierung eines kompletten Ausstellungszyklus erweist sich diese Erfahrung als wegweisend für die Künstlerin, die das Diplôme National d’Arts Plastiques (2013) und anschließend das Diplôme National Supérieur d’Expression Plastique (2016) mit den Glückwünschen der Jury erhielt.

Im Jahr 2016 nimmt Marion Schutz an der Veranstaltung Régionale2016 – Encoding the Urban in der Kunsthalle Mulhouse teil. Im darauffolgenden Jahr wurden ihre Arbeiten auf der Biennale d’Art Contemporain Mulhouse 017 sowie beim Festival Ososphere in Straßburg gezeigt. Dort wurde unter anderem ihr Werk NECROPOLIS ausgestellt: Diese Miniaturstadt aus 43 Betonelementen ist schematisch, ohne geografische Lokalisierung oder zeitliche Datierung und gehört sowohl in die Welt der Archäologie als auch in die Welt der Science-Fiction.

Marion Schutz ist davon überzeugt, dass ein kreativer Akt aus einer inneren Notwendigkeit heraus erfolgt und zu sinnlichen, vollen und vollständigen Erfahrungen führt. In diesem Sinne kann die Kunst Formen des Zugangs zu dem bieten, was sich den verständlichen und gewöhnlichen Bewusstseinsebenen entzieht. Marion Schutz fühlt sich Walter de Maria nahe, für den „jede künstlerische Tätigkeit einen Kampf gegen die Zeit darstellt. Eine Geste gegen die Endlichkeit und in Richtung Ewigkeit“. Die greifbare Verbindung, die zwischen dem, was unseren Teil der Menschheit begründet, und den Bildern, die ihren sterblichen Zustand zum Ausdruck bringen, hergestellt wird, muss die Formen ihrer Umsetzung finden. Die Tortur des Todes erzeugt seltsame Erzählungen. Die Anwesenheit des Kunstwerks suggeriert die Abwesenheit des Menschen. Die Leere zeigt sich paradoxerweise durch und in der gesamten Dichte der Materie. Diese Anliegen kommen in ihren Arbeiten und insbesondere in NECROPOLIS und ihrer dazugehörigen Diplomarbeit zu Themen wie „Verschwinden“ oder auch „Die Architektur der Leere“ voll zum Tragen.