Waterscape

Algorithmus, generativ, Code, Programm, Daten… Diese Art von Vokabular kann einen vor den Kopf stoßen, denn obwohl wir uns in einem digitalen Zeitalter befinden, ist es üblich, dieses mit diesen technologischen Werkzeugen als entkörpert und entmenschlicht zu betrachten.

Und doch ist es genau das Gegenteil, von dem Claire Malrieux mit Waterscape spricht, ihrer immersiven digitalen Installation, in der die Poesie der Zeichnung uns verzaubert, die Umwelt in Frage stellt und die viel diskutierte Frage des Anthropozäns aufwerfen möchte.

Nach ihrem Studium an der Kunsthochschule in Paris (2010) entwickelte Claire Malrieux ihre Arbeit zunächst im Bereich der Bildhauerei, wobei sie von Anfang an im Kollektiv arbeitete: Das Teilen und der Austausch stehen im Mittelpunkt ihres kreativen Prozesses. Im Jahr 2011 spezialisierte sie sich an der ENSCI – Les Ateliers auf neue Technologien. Sie erforscht die Digitaltechnik, um neue plastische Möglichkeiten zu entdecken, und arbeitet in diesem Zusammenhang mit Codierer:innen und Programmierer:innen (hier Sébastien Courvoisier) zusammen, die ihr dabei helfen, Werkzeuge zu schaffen, mit denen sie ihre Gedanken und Wünsche umsetzen kann. Die Hand der Künstlerin greift anfangs ein, indem sie ihren Zeichnungen Konturen verleiht, die Maschine generiert dann eine Vielzahl von Linien und bietet in Bezug auf Geschwindigkeit und Fluss unvergleichliche Möglichkeiten. Auf der Grundlage der Gaia-Hypothese (entwickelt von James Lovelock, einem britischen Klimaforscher in den 1970er Jahren), nach der alle Lebewesen auf der Erde einen riesigen Organismus bilden, hat Claire Malrieux unter anderem Climat Général entworfen. Dieses generative Werk entlehnt sich dem Vokabular des Klimas – Druck, Windstille, Wolken, gutes Wetter – und ist auf der ständigen Suche nach dem Gleichgewicht.

Waterscape, eine Iteration von Climat Général, stützt sich auf Daten aus wasserbezogenen Aufzeichnungen seit 1900 (Dürre, Überschwemmungen, Hurrikane usw.) und Vorhersagesimulationen. Das Programm erstellt dann ein Szenario, das aus diesen Algorithmen gebildet wird. Die erzeugten Zeichnungen werden von diesen Daten genährt, entwickeln sich weiter und sollen nie aufhören – eine Metapher für unser Universum. Claire Malrieux stellt eine grafische Klimamaschine her. Indem sie sich für den Menschen und das Universum interessiert, nähert sie sich einem humanistischen Denken an und schlägt gleichzeitig eine Brücke zum 21. Jahrhundert und den neuen Technologien.

Das verborgene Gesicht des Mondes, das Wasser, der Atlas – das sind die Themen, die sie inspiriert haben. Die Künstlerin entwirft mentale Geschichten und setzt sich mit den Begriffen der Projektion in den Raum, vor allem aber der mentalen Projektion auseinander. Was können sich die Betrachter:innen vorstellen, wenn sie in den kontinuierlichen Fluss von Linien eintauchen? Claire Malrieux‘ Werke sind im doppelten Sinne zu verstehen: das Klima ist umweltbezogen, aber auch gesellschaftlich, die informatische Sprache auch menschlich…

Waterscape ist ein sensorisches Werk, und die von Alexandre Dubreuil kreierte Tonspur trägt zu der hypnotischen und magischen Dimension der Installation bei. Die Künstlerin möchte eine Idee entwickeln, die verschiedene Disziplinen vereint, und stellt die Frage, ob er eine technologische Form der Sinneswahrnehmung vorschlagen soll. Mit der Maschine wurde ein Pakt geschlossen, der die Erneuerung, die Neugierde und die unendlichen Möglichkeiten beinhaltet, so wie auch das Wasser all dies offeriert.

 

Algorithm, generative mode, code, program, data… Even though we live in a digital age, it is common to think of it, and the accompanying technological tools, as disembodied and dehumanized. And yet, with her immersive digital installation, Waterscape, C. Malrieux tells the opposite story. Here, the poetry of the drawing mesmerizes us, asks questions of the environment, and seeks to debate the issues of the Anthropocene era. 

Waterscape uses data from water-related surveys since 1900 (droughts, floods, hurricanes, etc.), as well as predictive simulations. The program then uses these algorithms to create a scenario. The generated drawings are fed with these endlessly evolving data: a metaphor for our universe. Claire Malrieux has made a graphic climatic machine. In addressing both mankind and the universe, she arrives at a humanistic thought process that encompasses the 21st century and new technologies. It’s the industry, the materials, the techniques that interest the artist, as a reflection of an era. Her works can be viewed in two senses: the climate as both an environmental and a societal phenomenon; and computer language and human vocabulary as one thing and the same … 

Malrieux frames the question by bringing together different disciplines in her attempt to draw a concept. She even goes so far as to propose a form of technological esotericism! A pact is made between man and machines – one based in renewal, curiosity and infinite possibilities. In this sense, it is very much like water.

Claire Malrieux

Geboren 1972, in Frankreich | Lebt und arbeitet in Paris (Frankreich)

Claire Malrieux machte ihren Abschluss an der École Olivier de Serres (1995) und an der École nationale supérieure des Beaux-arts de Paris (2000). Sie spezialisierte sich auf neue Technologien an der ENSCI – Les Ateliers (2011) sowie an der Universität Lille 3 (2016), wo sie ihr Hyperdrawing entwickelte.

Sie unterrichtet Zeichnen an der ENSCI – Les Ateliers und der Hochschule der Künste am Rhein und setzt ihre Hyperdrawing-Forschung im Ensad Lab der École des Arts Décoratifs de Paris fort. Sie ist Mitbegründerin des Kollektivs Mix und des Verlags Mix.

 

Born in 1972, in France | Lives and works in Paris (France)
Claire Malrieux trained at the Paris School of Fine Arts. She initially concentrated on sculpture, with an early focus on collective ways of working. Initially, the artist intervenes, adding lines to the drawings. The machine then generates multiple variations, offering unrivalled possibilities in terms of speed and flow.